Traumafrei zum Tierarzt (mit @healing_cats)

Wer ist Moon-He?

Healing_Cats oder auch Katzenmama Moon-He Roho ist unter anderem eine ausgebildete Katzenverhaltensberaterin/Katzenpsychologin (ATN), Ernährungsberaterin für Katzen (RSA), Fear Free Certified Trainer und Cat Friendly Certified Veterinary Professional. In mehr als 30 Jahren ehrenamtlicher Tierschutzarbeit und während ihrer Ausbildungszeit in einer Tierarztpraxis vor 20 Jahren wurde sie Zeugin davon, was Zwang und Gewalt mit Katzen (und ihren Menschen) mittel- und langfristig machen kann. Und nachdem ihr in ihrer Beratungspraxis mehr und mehr speziell von Tierärzten traumatisierte Katzen vorgestellt wurden, wurde dies zu einem Herzensthema ihrer Arbeit.

Moon-He und Tabby (@healing_cats)

Sie arbeitet hierfür eng mit aufgeschlossenen Tierärzten zusammen und vermittelt ihnen wie auch TFAs, Tierheimmitarbeitern und ihren eigenen Kolleginnen in Onlineseminaren und Präsenzfortbildungen theoretisches Wissen als auch praktische Fähigkeiten zum Thema „Traumafrei zum Tierarzt“.

In einem Gespräch mit uns, klärt sie über einen katzenfreundlichen Tierarztbesuch auf.

 

Warum löst der Tierarztbesuch häufig Stress bei Katzen aus?

Die Natur hat Katzen designed, um allein auf sich gestellt überleben zu können.

Hierfür ist die körperliche Unversehrtheit ihr wichtigstes Gut, denn dadurch kann sie erfolgreich jagen, fliehen oder sich zur Not verteidigen. Deshalb ist es für ihr Sicherheitsempfinden wichtig Wahl & Kontrolle zu haben. Um sich sicher zu fühlen, brauchen Katzen außerdem einen ritualisierten Alltag und eine bekannte Umwelt, in der sie sich auskennen. Zudem bergen aus Katzensicht körperliche Interaktionen auch immer das Risiko von Verletzungen, wenn der Gegenüber sich nicht bereits als ungefährlich bewiesen hat.

Ausschnitte aus einem Seminar von Moon-He (@healing_cats)

Und das alles sind Tierarztbesuche nicht, sie sind aus Sicht der Katze disruptive Ereignisse, bei der sich die Stressoren Zuhause beginnend auf jeder Stufe immer weiter aufsummieren können, bis die Katze sich in absoluter Gefahr sieht.

Die gute Nachricht hierbei ist, dass wir unseren Katzen deshalb auch auf jeder Stufe mit dem richtigen Umgang mit ihr und Hilfsmitteln helfen können, von Stress und Angst nicht in die Not zur Verteidigung oder Angststarre getrieben zu werden.

 

Vor dem Besuch

Einen wichtigen Aspekt, den Moon-He anspricht ist das Tierarzt-Training, bestehend aus Transportbox-, Transportfahrt- und Medical-Training inkl. Happy Visits. Welches Katzenhalter sinnvollerweise vor dem „Ernstfall“ mit ihren Stubentigern geübt haben sollten.

Clickertraining ist hierbei ein hilfreiches Werkzeug, denn über kleinschrittiges, positiv verstärktes Training können wir den Katzen vermitteln, dass etwas nicht gefährlich ist, damit sie sich auf eine katzenbedürfnisgerechte Art und Weise an Dinge wie das Eingesperrt-Sein in der Transporttasche und der schnell überreizenden Transportfahrt zur Tierarztpraxis gewöhnen können.

Moon-He und Katze Tabby auf dem Weg zum Tierarzt (@healing_cats)

Die perfekte Transporttasche gibt es hierbei nicht, da es von der Physis der Katze, ihren individuellen Vorlieben, dem Anlass abhängt und davon, wie leicht der Tierarzt „an die Katze herankommt“. Moon-He empfiehlt eine stabile Textiltransporttasche, die groß genug ist, damit sich die Katze darin umdrehen und hinlegen kann, aber auch nicht zu groß ist, damit sie sich darin nicht „verloren“ fühlt. Sie sollte keine „offenen Netze“ an den Seiten haben, sondern an allen Seiten für Blicke, Wind & Co. verschließbar sein, damit sie sich sicher fühlen kann. Mehrere größere Öffnungen (zusätzlich oben und an der Seite) helfen sowohl der Katze als auch Tierärzten, die Katze möglichst entspannt untersuchen zu können, ohne dass das „Dach abgetragen wird“ wie bei Hartplastikboxen, die zudem als Resonanzkörper für eine unangenehme Akustik im Inneren sorgen.

Die richtige Tierarztwahl spielt natürlich auch eine sehr große Rolle, denn wenn ein Tierarzt übergriffig und ungeduldig mit der Patientin Katze umgeht und die Katze bereits im Wartezimmer völlig überfordert wird, hilft auch das beste Tierarzt-Training der Welt nichts.

Ein katzenfreundlich arbeitender Tierarzt respektiert die Grenzen deiner Katze und setzt niemals Gewalt ein, sondern greift auf katzenfreundliche Methoden zurück.

 

Der Tierarztbesuch

Wichtig ist zunächst, dass wir ruhig und entspannt sind, denn ob wir wollen oder nicht, kommunizieren wir Menschen mit unseren Katzen über Stimmungsübertragung. Zwinge sie nicht, trickse sie nicht aus und wende schon gar keine Gewalt an, sondern versuche ihre Kooperation zu erfragen und lade sie in die sinnvoll eingerichtete Transporttasche ein.

Eine gute Transporttasche mit genügend Platz, sowie mehreren Öffnungen (@healing_cats)

Ihr ein auf der Haut getragenes Shirt reinzulegen, kann der Katze geruchlich helfen, sich sicherer und damit entspannter in der Transporttasche zu fühlen.

Um ihre Sinnesorgane auf dem Weg zum Tierarzt so wenig wie möglich zu überfordern, lasse dich von jemandem (oder Taxi) zum Tierarzt fahren. Während der Fahrt die Transporttasche abgedeckt auf dem Schoss zu halten und mit der Katze entspannt und fröhlich leicht in Kontakt zu bleiben, sanft mit ihr zu sprechen und ggf. auch die Hand oder sogar den Unterarm als „Stützlehne“ in der Transporttasche anzubieten, kann ihr helfen, besser mit den lauten Geräuschen, Vibrationen und Gerüchen, die auf ihren Körper einwirken, umzugehen. Beim Anfahren, Bremsen und in den Kurven kannst du so auch die Fliehkräfte, die auf ihren kleinen Körper wirken, deutlich abmildern. Sanfte Musik leise über das Handy an der Transporttasche laufen zu lassen, kann ebenfalls helfen eine Überreizung durch laute Geräusche zu verhindern.

Während des Besuches kann die Katze gerne in der Box bleiben (@healing_cats)

Trage deine Katze in der Transporttasche vor der Brust und nicht wie einen Koffer kurz über dem Boden, denn unsere Arme bewegen sich beim Gehen nicht mit unserem Rumpf. Und eine erhöhte Position ist für Katzen immer die angenehmere, weil sichere Position als knapp über dem Boden.

Sei mit deiner entspannten Energie ihr Fels in der Brandung und gleichzeitig ihr Bodyguard, indem du darauf achtest, dass die Grenzen deiner Katze nicht vom Tierarzt überschritten werden.

Der Tierarztbesuch endet für deine Katze erst Zuhause und das bedeutet, dass der Rückweg genauso wichtig wie die Anreise ist, sowie auch das Ankommen Zuhause.

Für Miez endet der Besuch beim Tierarzt erst zuhause (@healing_cats)

Solltest du mehrere Katzen haben, rät Moon-He die Katze zunächst im Schlafzimmer in Ruhe ankommen und „auslüften“ zu lassen, während in der Zwischenzeit die „Zuhausegebliebenen“ die Transporttasche ausgiebig erkunden können, bevor man sie danach langsam z. B. mit Clickertraining wieder zusammenkommen lässt. Das ist wichtig um die sog. Non-recognition-aggression zu vermeiden, bei der die heimkehrende Katze als fremden Eindringling angesehen wird.

Spannungen und Streit können aber auch einfach „nur“ dadurch entstehen, weil die „Zuhausegebliebenen“ zu energisch und distanzlos die heimkehrende Katze beriechen wollen, die aber noch angespannt oder gestresst ist, und deshalb mehr Raum braucht.

Damit wird klar, dass Halter und Tierarzt unterschiedlichen Aufgaben im Kontext von katzenfreundlichen TA-Besuchen haben. Und es bedarf eines Teamworks zwischen den Katzeneltern und der TA-Praxis, bei der die Katzenhalter verantwortlich sind, in welchem emotionalen Zustand die Katze in der Tierarztpraxis ankommt und das Praxisteam wiederum für alles innerhalb der TA-Praxis.

Wenn du mehr erfahren möchtest, geht es hier zu ihrem Live-Webinar "KatZEN beim Tierarzt" am 24.11.2024: 

 

Wann sollte ich gehen?

Regelmäßige Gesundheitschecks sind nicht nur für die Katzengesundheit wichtig, da man Katzen erst sehr spät anmerkt, dass sie krank sind und dadurch wertvolle Zeit verloren geht.

Umso wichtiger ist es, auch Zuhause eine Gesundheitsvorsorge zu betreiben, wozu eine gesunde Ernährung gehört, wie auch tägliche Kontrollen von Kot- und Harnabsatz im Katzenklo, wöchentlich das Gewicht zu überprüfen und auch genau auf Abweichungen im Verhalten zu achten.

Denn Verhaltensänderungen sind meist die ersten Anzeichen von Krankheit - sei es, dass sie z. B. andere Wege von erhöhten Plätzen nach unten nehmen, sie plötzlich mehr schlafen oder sich schneller erschrecken, kein Interesse mehr an Leckerlis haben, es zu Spannungen zwischen Katzen kommt, sie weniger Appetit haben oder sogar gar nichts fressen. Denn Fressen ist überlebenswichtig für die Katze, und wenn sie nicht mehr frisst, ist etwas massiv nicht in Ordnung für sie, entweder mit dem Futter oder ihrem Befinden. Abwarten ist hier wenig hilfreich.

Aber Katzen sollten grundsätzlich die Chance bekommen, Tierarztbesuche üben zu dürfen und nicht nur im Kontext von Unwohlsein und Schmerzen zu erleben. Sog. Happy Visits, bei denen die Katze alles darf aber nichts muss, sind eine gute Gelegenheit, damit Katzen die Transporttasche, die Anreise und die Praxis mit seinen Gerüchen, Geräuschen & Co. kennenlernen können.

Und wenn deine Katze regelmäßig Medikamente bekommen muss, solltest du auch hier den katzenfreundlichen und nicht den „Hauptsache-drin-Weg“ gehen, d. h. nicht unter das Futter mischen oder mit Gewalt eingeben, denn das verletzt das Sicherheitsgefühl der Katze, schwächt damit ihre Psyche und oft auch das Vertrauen deiner Katze zu dir.

Stattdessen übe mit ihr die Einnahme und wähle grundsätzlich katzenfreundliche Wege außerhalb von Unterjubeln, Locken und Austricksen. Unterjubeln unter das Futter birgt nämlich immer das Risiko von Misstrauen gegenüber dem überlebenswichtigen Futter aufgrund negativer Verknüpfungen mit dem Geschmack und/oder Geruch. Auch hier gibt es bessere und vor allem katzenfreundliche Wege. 

Weitere Infos zum Thema Medikamentenvergabe findest du übrigens hier: 

 

Noch Fragen rund um den Besuch?

Stell sie uns über Instagram! In einem zweiten Gespräch mit Moon-He können wir diese vielleicht beantworten. 

 


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